Reizdarm und Gluten: Wenn die Erwartung die Verdauung steuert
News vom
Viele Betroffene des Reizdarmsyndroms (RDS) sind überzeugt: Gluten löst ihre Beschwerden aus. Doch was passiert, wenn man diese Annahme unter die Lupe nimmt – in einer streng kontrollierten, doppelblinden Placebo-Studie?
Eine aktuelle Untersuchung, veröffentlicht im Lancet (Juli 2025), bringt überraschende Erkenntnisse: Patient:innen mit selbst diagnostizierter Gluten-Sensitivität zeigten kaum Unterschiede in ihrer Symptomatik – egal, ob sie Gluten, Weizen oder ein Placebo erhielten. Die Beschwerden traten unabhängig vom tatsächlichen Inhalt der Mahlzeiten auf. Entscheidend war stattdessen: die Erwartungshaltung.
Das wirft ein neues Licht auf die Entstehung von RDS-Symptomen. Nicht immer sind es biochemische Prozesse, die die Reaktionen auslösen. Oft spielen neurobiologische Mechanismen eine zentrale Rolle – gesteuert von Erwartung, Stress und individueller Wahrnehmung.
Wichtig: Das bedeutet nicht, dass die Beschwerden „eingebildet“ sind. Vielmehr entstehen sie auf anderen Wegen, als viele denken. Nur ein kleiner Teil der Betroffenen profitiert tatsächlich von einer glutenfreien Ernährung. Für die meisten könnte es sich lohnen, andere auslösende Faktoren genauer zu hinterfragen – und vielleicht auch die Macht der Erwartung.
Lancet Gastroenterology Hepatology
2025 Sep;10(9):794-805.
doi: 10.1016/S2468-1253(25)00090-1. Epub 2025 Jul 21.
Effect of gluten and wheat on symptoms and behaviours in adults with irritable bowel syndrome: a single-centre, randomised, double-blind, sham-controlled crossover trial