Die Diagnostik des Reizdarmsyndroms
Bevor die Diagnose "Reizdarmsyndrom" gestellt wird, gilt es mit differenzierten Diagnoseverfahren andere Erkrankungen auszuschließen.
Die Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften geben offizielle Empfehlungen u.a. für Diagnose und Behandlung des Reizdarms.
Frage: Mit welchen Untersuchungen muss man als Patient rechnen?
Antwort: Der Arzt wird bei Patienten, die sich mit Bauchschmerzen und Verdauungsbeschwerden vorstellen, zunächst durch genaues Nachfragen versuchen, die Störung einzuordnen. Dabei ist vor allem die Vorgeschichte (Anamnese) wichtig ...
Wann sind die Beschwerden zum ersten Mal aufgetreten, wann machen sie sich üblicherweise bemerkbar und was geht dem Auftreten von Schmerzen und anderen Beschwerden voraus? Auch die Stuhlgewohnheiten werden den Arzt interessieren. Der Patient muss mit Fragen zur Häufigkeit des Stuhlgangs rechnen, zur Konsistenz des Stuhles und mit der Frage, ob er beim Stuhlgang stark pressen muss und ob er nach dem Absetzen des Stuhles das Gefühl hat, der Darm sei komplett entleert.
Der Anamneseerhebung schließt sich üblicherweise eine körperliche Untersuchung an. Dabei betrachtet der Arzt die einzelnen Körperregionen genau und prüft, ob es Auffälligkeiten gibt. Unter Umständen wird er die Lunge mit dem Stethoskop abhören, den Bauch abklopfen oder mit einem kleinen Hämmerchen die Reflexe prüfen.
Je nachdem, was die Anamnese und die körperliche Untersuchung ergeben, wird der Arzt weitere Tests und Untersuchungen veranlassen. Hierbei kann es sich um Blut- oder auch um Stuhluntersuchungen handeln, um einen Atemtest oder um eine Ultraschalluntersuchung des Magen-Darm-Trakts. Abhängig davon, welche Beschwerden im Vordergrund stehen, wird der Arzt außerdem eine Magen- spiegelung veranlassen oder, was häufiger der Fall ist, eine Darmspiegelung (Koloskopie). Lässt sich danach keine klare Diagnose stellen, können weitere Spezialuntersuchungen notwendig werden.
Frage: Ist eine Darmspiegelung notwendig?
Antwort: In den Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung des Reizdarmsyndroms, die von den medizinischen Fachgesellschaften erarbeitet werden, wird explizit eine Darmspiegelung (Koloskopie) als Voraussetzung dafür gefordert, dass die Diagnose Reizdarmsyndrom gestellt werden kann.
Das hat einen guten Grund: Nur wenn der Arzt sicher weiß, dass keine andere Erkrankung die beklagten Beschwerden verursacht, kann er ein Reizdarmsyndrom diagnostizieren. Das aber ist nur durch eine entsprechende Untersuchung zu klären. Der Facharzt betrachtet bei der Darmspiegelung den Darm von innen und kann somit zuverlässig ausschließen, dass Darmkrebs vorliegt oder dass eine Entzündung der Darmschleimhaut die Symptome verursacht.
Die Darmspiegelung ist somit unerlässlich, wenn der Verdacht auf ein Reizdarmsyndrom besteht. Es reicht dabei in aller Regel, wenn diese Untersuchung einmal durchgeführt wird. Sie muss nicht in regelmäßigen Zeitabständen wiederholt werden, es sei denn, dass sich die Beschwerden grundlegend verändern. Davon unberührt sollten die empfohlenen Intervalle der Vorsorgekoloskopien weiterhin eingehalten werden.
Frage: Mein Arzt hat mir zu einem Ernährungstagebuch geraten. Warum?
Antwort: Darmbeschwerden sind nicht selten die Folge des Verzehrs bestimmter Nahrungsmittel.
Oftmals erinnert man sich aber nicht mehr ganz genau, was man gegessen hatte, als beim letzten oder vorletzten Mal Bauchkrämpfe oder Durchfälle aufgetreten sind. Um Zusammenhänge zwischen Beschwerden und bestimmten Ernährungsgewohnheiten erkennen zu können, ist es deshalb sinnvoll, ein Ernährungstagebuch zu führen.
Frage: Wie führt man ein Ernährungstagebuch richtig?
Antwort: Wichtig beim Führen eines Ernährungstagebuchs ist es, dass alle verzehrten Lebensmittel genauestens protokolliert werden.
Dazu gehören zum einen die Hauptmahlzeiten, bei denen so genau wie möglich angegeben werden sollte, was in welcher Menge gegessen wurde.
Protokolliert werden muss aber auch jede Nahrungsaufnahme zwischendurch, auch der Snack am Kiosk nebenan, der Apfel zwischendurch, die Kekse zum Nachmittagskaffee oder die Erdnüsse vor dem Fernseher. Auch was und wann getrunken wurde, sollte aufgeschrieben werden. Das alles sollte wahrheitsgemäß geschehen, da sonst möglicherweise wichtige Faktoren übersehen werden.
Selbstverständlich müssen nicht nur die verzehrten Lebensmittel protokolliert werden, sondern auch die auftretenden Beschwerden. Auch muss verzeichnet werden, wann es zum Stuhlgang gekommen ist und wie dieser beschaffen war, ob also eine Verstopfung bestand oder ob Durchfälle auftraten. So lässt sich eine Beziehung zwischen Stuhl und Ernährung erkennen.
Frage: Gibt es Alarmzeichen, die auf eine schwere Erkrankung hinweisen?
Antwort: Das Reizdarmsyndrom ist per se keine Erkrankung, die Leib und Leben der Betroffenen bedroht.
Die Diagnose wird dann gestellt, wenn es keine schlüssigen Hinweise auf andere Ursachen der Beschwerden gibt, wenn also keine krankhaften Veränderungen im Darmbereich oder anderen Bauchorganen gefunden wurden. Dann ist von einer gastrointestinalen Funktionsstörung wie dem Reizdarmsyndrom auszugehen. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn es zu Symptomen wie Fieber, Nachtschweiß und einem unerklärlichen Gewichtsverlust kommt oder wenn Blut im Stuhl sichtbar ist.
Solche Veränderungen sind als Alarmsymptome und als Hinweis auf eine andere, möglicherweise schwerwiegende Erkrankung zu werten. Sie sind immer ein Anlass für einen unverzüglichen Arztbesuch!
Frage: Wie sicher kann ich sein, nicht an einer schweren Krankheit zu leiden?
Antwort: Sind die beklagten Beschwerden gründlich untersucht worden, so kann man als Patient im Allgemeinen recht sicher sein, dass keine schwere, möglicherweise lebensbedrohliche Erkrankung übersehen wurde.
Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es hierfür leider nicht. Zu bedenken ist ferner, dass sich selbstverständlich auch bei Personen mit Reizdarmsyndrom ganz unabhängig von der Funktionsstörung des Darmes eine schwere Erkrankung entwickeln kann. Diese kann den Darm betreffen, muss aber nicht mit dem Reizdarmsyndrom in Beziehung stehen. Deshalb sollte man als Patient wachsam bleiben und seinen Arzt konsultieren, wenn sich zum Beispiel die gewohnten Symptome verändern, die Schmerzen eine andere Charakteristik bekommen oder wenn plötzlich Blut im Stuhl erkennbar ist.
Patienten mit Reizdarmsyndrom sollten zudem, ebenso wie jeder andere, die Chancen der Darmkrebs-Früherkennungsuntersuchung wahrnehmen.