Allgemeine Fragen zum Reizdarmsyndrom
Das Reizdarmsyndrom, oft als RDS abgekürzt, ist keinesfalls selten. Im Gegenteil: Man schätzt, dass rund sieben Prozent der Bevölkerung daran leiden (allein fünf Millionen Menschen in Deutschland).
Gibt es ihn wirklich, den nervösen Darm und können auch Kinder vom Reizdarmsyndrom betroffen sein? Hier gibt es Antworten auf allgemeine Fragen zum Reizdarmsyndrom.
Frage: Mein Arzt hat bei mir ein Reizdarmsyndrom diagnostiziert – was bedeutet das?
Antwort: Der Begriff „Syndrom“ signalisiert im medizinischen Sprachgebrauch, dass eine Gesundheitsstörung vorliegt, die nicht eindeutig auf einer einzigen krankhaften Veränderung beruht wie beispielsweise der Diabetes mellitus („Zuckerkrankheit“) auf einer Störung des Zuckerstoffwechsels mit der Folge eines erhöhten Blutzuckerspiegels.
Bei einem Syndrom kommt es vielmehr zum Zusammentreffen verschiedener Krankheitsaspekte, wobei die Ursache der Störung nicht genau bekannt ist.
Das gilt auch für das Reizdarmsyndrom, das manchmal vereinfachend auch nur als „Reizdarm“ bezeichnet wird. Die Erkrankung hat keine medizinisch eindeutig fassbare Ursache wie beispielsweise eine Entzündung, oder eine Infektion mit Bakterien oder Viren. Es handelt sich vielmehr um eine Darmfunktionsstörung. Jedoch ist oft nicht klar, warum der Darm des betreffenden Patienten nicht richtig funktioniert.
Zu den Beschwerden gehören fast immer Bauchschmerzen, Krämpfe oder ein Missempfinden im Bauch und Blähungen, meist verbunden mit Stuhlgangsveränderungen. Dabei kann es sich um Durchfälle handeln oder um Verstopfung, beide Veränderungen können sogar im Wechsel miteinander auftreten. Diese und auch andere Beschwerden können in variierenden Kombinationen wiederkehrend oder dauerhaft auftreten.
Die Diagnose Reizdarmsyndrom wird vom Arzt erst gestellt, wenn er durch Untersuchungen sichergestellt hat, dass keine nachweisbare organische Veränderung die Beschwerden des Patienten verursacht. Damit soll eine schwere, möglicherweise lebensbedrohliche Erkrankung wie zum Beispiel ein Darmkrebs ausgeschlossen werden. Denn im Falle einer solchen Er- krankung ist eine frühzeitige Diagnose und Therapie besonders wichtig. Das Reizdarmsyndrom hingegen ist zwar sehr unangenehm und belastend, jedoch ungefährlich. Auch die Lebenserwartung bei Patienten mit Reizdarmsyndrom ist nicht kürzer als bei Menschen ohne Reizdarmsyndrom.
Frage: Ist das Reizdarmsyndrom eine Krankheit oder nicht?
Antwort: Lange Zeit wurde das Reizdarmsyndrom als eine Art Befindlichkeitsstörung abgetan. Inzwischen ist belegt, dass es sich um eine Erkrankung handelt, die ernst zu nehmen ist.
Auch wenn sie sich nicht mit eindeutigen Krankheitszeichen in routinemäßigen Untersuchungsverfahren, zum Beispiel im Mikroskop oder Röntgenbild, zu erkennen gibt, bestehen doch krankhafte Veränderungen der Darmfunktion.
Das Reizdarmsyndrom ist weder „eingebildet“ noch eine psychische Störung. Betroffene leiden unter zum Teil sehr belastenden Symptomen und sind in ihrer Lebensqualität und oft auch im Alltag nachhaltig beeinträchtigt.
Menschen mit Reizdarmsymptomen sollten deshalb unbedingt ärztliche Hilfe suchen, die Beschwerden medizinisch abklären und dann auch behandeln lassen.
Frage: Ist das Reizdarmsyndrom mehr als nur ein „nervöser“ Darm? Oder bin ich vielleicht einfach nur besonders empfindlich?
Antwort: Beim Reizdarmsyndrom handelt es sich nicht um einen „nervösen Darm“, wie der Begriff auf den ersten Blick vielleicht denken lässt. Die Betroffenen sind nicht einfach nur besonders nervös.
Auch wenn es Hinweise darauf gibt, dass bei vielen Patienten eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit im Darmbereich besteht, sind sie keine „Sensibelchen“. Die Schmerzempfindlichkeit ist nicht zwangsläufig die Ursache der Erkrankung, sondern wirkt eventuell mit anderen krankhaften Faktoren zusammen.
Das Reizdarmsyndrom stellt eine ernst zu nehmende Darmfunktions- störung dar. Diese kann zwar durch Stress, eine unregelmäßige Lebensführung und auch durch psychische Belastungen verstärkt werden, es handelt sich aber nicht um eine psychische Erkrankung. Der hohe Leidensdruck und der oft lange Leidensweg führen aber immer wieder dazu, dass Betrof- fene seelische Folgeerkrankungen wie eine Depression oder eine Angsterkrankung entwickeln können. Daher ist es wichtig, bei anhaltenden Beschwerden im Magen-Darm-Trakt rechtzeitig den Hausarzt oder einen Facharzt für Gastroenterologie (Magen-Darm-Erkrankungen) aufzusuchen.
Frage: Wie häufig ist das Reizdarmsyndrom?
Antwort: Das Reizdarmsyndrom ist in der Bevölkerung weit verbreitet. Die Häufigkeitszahlen in der Literatur schwanken. Sie sind davon abhängig, wie die Störung genau definiert ist, was in Ländern, in denen entsprechende Untersuchungen durchgeführt wurden, etwas unterschiedlich sein kann.
Allgemein wird davon ausgegangen, dass rund sieben Prozent der Bevölkerung betroffen sind. Das sind in Deutschland mehr als fünf Millionen Menschen. Sie leiden nicht alle gleich stark und an den genau gleichen Symptomen, erfüllen jedoch die zentralen Kriterien des Reizdarmsyndroms, nämlich Bauchschmerzen und Veränderungen des Stuhlgangs sowie oft Blähungen.
Frage: Wer ist betroffen?
Antwort: Generell kann jeder Mensch an einem Reizdarmsyndrom erkranken. Auffällig aber ist, dass überproportional häufig Frauen betroffen sind. In der zweiten und dritten Lebensdekade überwiegt der Anteil der Frauen eindeutig.
Das Verhältnis von Frauen zu Männern liegt bei etwa 2 : 1. Mit höherem Lebensalter wird dieser Unterschied noch deutlicher, insbesondere jenseits des 50. Lebensjahrs.
Warum diese Verteilung besteht und warum sich die Verhältnisse mit zunehmendem Alter ändern, ist noch unbekannt.
Frage: Können auch Kinder ein Reizdarmsyndrom bekommen?
Antwort: An einem Reizdarmsyndrom kann man praktisch in jedem Alter erkranken. Auch Kinder können bereits betroffen sein. Bei ihnen zeigt sich das Reizdarmsyndrom etwas anders als bei Erwachsenen.
Es steht meist der Bauchschmerz im Vordergrund und weniger der veränderte Stuhlgang. Allerdings gibt es nur wenige Untersuchungen zum Reizdarmsyndrom bei Kindern und Jugendlichen. Problematisch ist ferner, dass Kinder beim Auftreten von Bauchschmerzen oft nicht konkret angeben können, wo sich der Hauptschmerz befindet und ob es sich eher um Schmerzen in der Magen- oder der Darmregion handelt.
Wiederholt auftretende oder anhaltende Bauchschmerzen können zudem bei Kindern sehr viele Ursachen auch außerhalb des Bauchraums haben. Dazu gehören Migräne, Angststörungen oder eine Depression wie auch das Reizdarmsyndrom. Wenn ein Kind wiederholt über Bauchschmerzen klagt, sollten die Beschwerden unbedingt durch den Arzt abgeklärt werden.